Metalearth.de  
    Login oder Registrieren
::  Home  ::  Reviews  ::  Interviews  ::  Konzertberichte  ::
 
   
Navigation
· Home
· News
· News Archiv
· Board
· Reviews
· Interviews
· Konzertberichte
· Impressum
   
Supported by:

Stillers Tod
April 2010



Das Debüt der Avantgarde Blacker von Stillers Tod dürfte sicherlich für einige Überaschung gesorgt haben, hatte die fünf Jungs mit ihrer "Katharsis" doch wahrscheinlich niemand auf dem Schirm.
Grund genug Band-Diktator Karghaist zum Kaffeekränzchen zu bitten. Herausgekommen ist ein äußerst interessantes Gespräch über den Stiller in jedem von uns, große Visionen und die wundervollste Errungenschaft der Menschheit: Die Musik.



Doch lest selbst...


Ups, hier lief was falsch! Heyho.
Zwar dürften die positiven Pressestimmen sicherlich einige Leute auf euch aufmerksam gemacht haben, doch gehe ich davon aus, dass Stillers Tod für das Gros unserer Leserschaft ein unbeschriebenes Blatt darstellt. Stellt euch bitte vor.


Kargáist: Ave. Wir sind Stillers Tod und wir sind die Zukunft des Avantgarde Metal. Die Band besteht aus Nachteskeim (Schlagzeuger und Groupiemagnet), Commorragh (Keyboarder, Wirrkopf und Chefkoch), Samael (Gitarrist und Drogenkind), Angnecazar (Orchestermeister, Querdenker und Wunderling), Moriond (Gitarrist und Quotenmisanthrop) und Kargáist (Sänger, Bassist, Komponist, Lyriker, Artwork-Gestalter, Band-Diktator, Genie und Sohn Gottes).

Du hast mit Stillers Tod erst kürzlich euer Debüt veröffentlicht - „Katharsis“. Ziehe einen Strich unter dieses Werk. Was gefällt dir gut, was geht rückblickend gar nicht?

Kargáist: Das kann ich mittlerweile ziemlich eindeutig sagen. Was mir gefällt, ist die Tatsache, dass „Katharsis“ von Komplexität und Ideen geradezu trieft. Der Abwechslungsreichtum und die Fülle an verschiedenen Stimmungen ist mir einfach großartig gelungen. Dass ich zu den wenigen Musikern gehöre, die ihr eigenes Silberscheibchen regelmäßig rauf- und runterhören, hat nun mal einfach damit zu tun, dass es mir gelungen ist, alles so auszudrücken, wie ich es mir vorgestellt habe.
Was mir nicht gefällt, oder mich besser gesagt mittlerweile ziemlich ankotzt, ist der Drumcomputer. Nicht, dass es sich um miese Samples handeln würde oder er schlecht programmiert wäre, nein. Aber ein Drumcomputer auf einem Metal-Album ist einfach so deplatziert wie ein ehemaliger Venom-Gitarrist im Live-Lineup von Scooter. Glücklicherweise haben wir mittlerweile einen guten Fellverprügler, derartiges wird also nicht mehr vorkommen. Den Gesang würde ich mittlerweile auch ganz anders machen. Ausserdem habe ich einigen Liedern bei aller musikalischen Größe einfach nicht den Raum gegeben, den sie zum Atmen brauchen. Jedesmal, wenn ich den Titelsong höre, wünsche ich mir, ich hätte diesen atmosphärischen Ambient-Mittelpart noch viel weiter ausgereizt und mit einer epischen Leadgitarre verziert. Es gibt noch einige solche Stellen auf dem Album, aber wer weiss... vielleicht gibt es ja, wenn wir in 20 Jahren bei einem donzdorfer Geldscheffelunternehmen sitzen und Champagner aus den Bauchnäbeln asiatischer Koksnutten schlürfen, ein „Katharsis“-Re-Recording, bei dem die kleinen Schönheitsfehler ausgebessert werden. Das darf dann aber natürlich nicht so bescheuert ausfallen darf wie der Stormblast-Verschnitt...

„Katharsis“ beschreibt die Reinigung der Seele. Wieso hast du dir ausgerechnet diesen Namen für das erste Album gewählt? Beschreibe bitte die lyrische Konzeption hinter diesem Album.

Kargáist: Die Katharsis ist nicht nur eine Reinigung der Seele. Es handelt sich bei ihr um eine Reinigung durch Schmerz; eine Hölle, die durchlebt werden muss, um danach gefestigter aus ihr hervorzugehen. Mein Leben hätte andere Wege genommen, hätte ich diverse Höllen nicht durchlebt. Es wäre angenehmer gewesen, ja. Und bedeutungsloser. So manche Scheisse war wohl ein notwendiges Übel, um zu dem zu werden, was ich jetzt bin.
Mein Leben, wie es heute ist, hat mit einer solchen Katharsis begonnen, daher steht das Titelstück am Anfang des Albums. Ich habe dieses Lied ursprünglich als Abschluss einer Ära meines Lebens geschrieben, unwissend, dass es sich hierbei nur um den Beginn von etwas noch viel größerem handeln sollte. Um dieses „größere“ geht es in „Katharsis“: Das Album zeichnet eine wichtige, prägende Phase meines Lebens nach. Beginnend mit der seelischen Reinigung und dem geistigen Erwachen wird die Geschichte von vielen weiteren kleinen Höllen erzählt, die auf mich zugekommen sind, um mich niederzureissen und mich dann neu zu formen. Mir die Form eines werdenden Übermenschen zu geben.

Auf dem Cover zu „Katharsis“ sieht man ein verschlungenes Wurzelgeflecht. Was war die Idee hinter diesem Artwork?

Kargáist: „Ich war ein blinder Geist, der stolpernd durch den Dornwald schritt“. Das sind die ersten gesungenen Worte auf diesem Album. Ich hatte beim Schreiben des Titelstückes immer die Vorstellung eines geschundenen, nackten Wesens, das sich durch ein unendliches Meer von riesigen Dornenranken kämpft. Und sich schließlich aus ihnen befreit, erstmals das Licht des Tages sieht. Geschunden, aber befreit. Siegreich. Es hat die Hölle durchlebt und sie hinter sich gelassen. Eine bildliche, greifbare Darstellung des eigentlich abstrakten „Katharsis“-Begriffes. Ich habe mich bald nach der Niederschrift des Textes an die zeichnerische Umsetzung dieses geistigen Bildes gemacht, wobei ich sicher auch stark von den Werken Theodor Kittelsens beeinflusst wurde. Das Original dieser Zeichnung hängt seit Jahren klein und unauffällig zwischen riesigen Acrylgemälden auf meinen Kunstausstellungen. Obwohl es zeichnerisch weit weniger besonders ist als viele andere meiner Werke, ist es doch wegen seiner persönlichen Bedeutung eines meiner Lieblingsbilder.

Ups, hier lief was falsch! In Zeiten, wo der Black Metal ein weitestgehend erforschtes Gebiet darstellt, greifen viele junge Aufsteiger mit solchen Wurzeln gerne zum Begriff Avantgarde, um sich vom Mainstream der Szene abzuheben. Was bedeutet für euch Avantgarde und was kennzeichnet ein gutes Album dieses Genres?

Kargáist: Du lässt nicht zum ersten Mal durchblicken, dass du vielen sogenannten Avantgarde-Bands etwas zwiespältig gegenüber stehst. Ich dagegen muss sagen, dass ich im noch jungen Avantgarde (Black) Metal-Bereich bis auf wenige Ausnahmen nur sehr wertvolle Künstler entdeckt habe. Ob es sich nun um bekanntere Bands wie Dornenreich oder Nocte Obducta handelt oder um kleine Hinterhof-Kapellen wie Klabautamann, ein durchgehend hohes Qualitätslevel ist das, was sie alle miteinander verbindet. Was Avantgarde für mich bedeutet? Es bedeutet das Beschreiten neuer Pfade. Es bedeutet, mit seinem künstlerischen Ausdruck dorthin zu gehen, wo noch niemand war und seinen eigenen, unvergleichlichen Ausdruck zu finden. In Bezug auf Metal bedeutet Avantgarde, durch konsequente Neuerfindung das am Leben zu erhalten, was in den 70ern begonnen hat und in den letzten 10 Jahren durch hochglanzpolierte Plastikproduktionen aus Straight-Edge-Land stirbt. Dementsprechend kennzeichnet ein gutes Album dieses Genres die Tatsache, dass es überraschen kann. Es muss dir etwas bieten, was du so noch nie gehört hast; etwas, das dich durch seine Andersartigkeit fasziniert und dich durch seine Leidenschaft berührt. Individualität, Weiterentwicklung, Leidenschaft. Das sind die drei Dinge, die ein Avantgarde-Album bieten muss.

Kargáist ist ein interessant anmutendes Pseudonym. Hat dieser Künstlername eine tiefergehende Bedeutung als seinen phonetischen Wohlklang?

Kargáist: Er ist ein Zeichen für meine Hassliebe mit Winzárten.

In eurer Biographie beschreibst Du die Widrigkeiten, die sich bei der Entstehung von „Katharsis“ ergaben. Worin siehst Du die Ursache für den hohen Verschleiß an Bandmitgliedern?

Kargáist: Darin, dass man, wenn man eine eigene Vision hat, leider alles selbst machen muss. Stillers Tod ist mein Werk, meine Geschichte, mein Traum, meine Erfüllung. Bandmitglieder sehen sich bei dieser ganzen Ich-Fixiertheit oft nur als Gastmusiker und legen dementsprechend wenig Herzblut bei ihrer Arbeit in der Band an den Tag. Daraus ergibt sich, dass ich in der Vergangenheit mit vielen inkompetenten, verplanten, unzuverlässigen und faulen Säcken zusammenarbeiten musste. Das bezieht sich natürlich nicht auf alle Ex-Mitglieder, viele konnten auch aus zeitlichen, gesundheitlichen oder ortsgebundenen Gründen nicht weiter mit mir zusammenarbeiten. Seit vielen Monaten hat es aber keine Besetzungswechsel mehr gegeben. Ich denke, ich habe es endlich geschafft, eine Truppe aus ambitionierten und fähigen Musikern um mich zu scharen, die die Band auch auf persönlicher Ebene sehr bereichern.

In eurer Biographie kündigt ihr einen „Abraxas“-Zyklus für die Zukunft an, der mit dem Ende von „Demian“ und den Zeilen „Der Vogel fliegt zu Gott. Der Gott heißt Abraxas“ ein zweites Mal sehr galant und vor allem viel versprechend angedeutet wird. Lüfte den Schleier! Worauf darf sich der gespannte Hörer mental vorbereiten?

Kargáist: Auf multiple musikalische Orgasmen am Fließband und darauf, dass Blinde wieder sehen und Krüppel wieder laufen können, auf Kniefälle von Nationen und die allgemeine Einsicht der Menschheit, dass die Christen falsch lagen und nicht Jesus, sondern ich der Messias bin. Bei „Abraxas“ handelt es sich um drei Alben, die die Titel „Abraxas I: Vis Vitalis“, „Abraxas II: Abraxas“ und „Abraxas III: Vis Mortalis“ tragen werden. Das Songwriting für den ersten Teil ist fast abgeschlossen, der zweite und der dritte Teil wurden bereits angefangen. Mit diesen drei Alben will ich die grundlegenden Kräfte und Kontraste der Existenz an sich vertonen. Der Gott Abraxas steht für die Vereinigung von Tod und Leben, von Gott und Satan. Um diesen konzeptionellen Grundstein herum konstruiere ich ein aus Chaosgnostizismus, Satanismus, Christentum, Pantheismus und Vitalismus zusammengesetztes Weltbild, das mit einer entsprechenden Epik musikalischen Ausdruck findet. Soll heissen, man darf sich auf Chöre, Frauengesang, Gitarrensoli, Buschtrommel-Experimente und Streicherwände freuen und muss dennoch nicht fürchten, dass sich Stillers Tod zu den zweiten Dimmu Borgir mausern. Der Kern unserer Musik ist und bleibt Metal. Allerdings will ich mich nicht an ein so groß angelegtes Werk wagen, ohne ein anständiges Label im Rücken zu haben. Sollte die Labelsuche länger andauern, könnte vorher noch eine Split mit Seelenschnitt erscheinen, quasi als Appetithappen.

Ebenfalls angekündigt werden in eurer Biographie Live-Auftritte. In welchem Rahmen möchtet ihr das Songmaterial dabei präsentieren und mit welchen Acts würdet ihr gerne die Bühnen teilen? Ups, hier lief was falsch!

Kargáist: Haha, da besteht natürlich immer der feine Unterschied zwischen „was wollt ihr“ und „was wollt ihr, von einem realistischen Standpunkt aus gesehen“. Klar würden wir gerne als Co-Headliner beim nächsten Lunar Aurora-Nocte Obducta-Grabnebelfürsten-Triple-Reunion-Gig fungieren und uns von einer Horde nackter Jungfrauen mit dem Blut live geschlachteter Ziegen taufen lassen. Aber man wird sehen, was wir alles auf die Beine stellen können. Jetzt müssen wir uns erst mal darauf konzentrieren, genug zu proben, damit wir unser Material live überhaupt gut darbieten können. Befreundete Bands wie zum Beispiel Seelenschnitt und Opus Insania – die beiden anderen Bands unseres Gitarristen Samael – sowie Wachtraum, Nebelkrähe oder Hysterie, die Band unseres Ex-Gitarristen Myrkur, wären natürlich naheliegende und wünschenswerte Optionen. Aber man wird sehen, was sich ergibt.

Gerade bei so facettenreichen Bands, wie ihr eine seid, ist es immer interessant etwas über die Einflüsse der beteiligten Musiker zu erfahren. Welchen Bands frönt ihr in eurer Freizeit? Welche Alben möchtet ihr nicht missen?

Kargáist: Bei Stillers Tod treffen wahnsinnig viele unterschiedliche Geschmäcker aufeinander. Moriond zum Beispiel ist in erster Linie eigentlich ein Blueser und Rock’n’Roller, Commorragh steht auf Hard Rock und Progressive Metal, Samael und Nachteskeim gehören zu den erfrischenden Allround-Hörern, Angnecazar hört neben diversem Metal auch sehr viel Klassik und Soundtracks und ich selbst bin in erster Linie auf Old School Heavy Metal und Black Metal fixiert. Was uns alle aber verbindet, ist die Offenheit für jede Art von Musik. Das letzte, was ich vor Beantwortung dieses Interviews gehört habe, waren Großstadtgeflüster. Und? Ich bleibe trotzdem Metaller. Jeder von uns hasst diesen Musikfaschismus kurzhaariger Anti-Hip Hop-Alliance-Nerds, die Angst haben, dass ihre Metalaffinität durch das Hören von Sido Schaden nehmen könnte. Ich muss eben das nicht befürchten, weil ich den Metal zu sehr in mich aufgesogen habe, ihn zu sehr lebe, fühle und atme, als dass ich befürchten müsste, dass mir die (sicher sehr gute) „Bridge over troubled Water“ von Simon & Garfunkel jemals mehr bedeuten könnte als die „Don’t break the Oath“ von Mercyful Fate. In dem Punkt habe ich eines mit Großmeister Fenriz gemeinsam: Selbst, wenn er mal wieder Techno hört, weiss jeder, dass dieser Kerl den Metal mehr verstanden hat als diese schwanzlutschenden Möchtegern-Metalheads, die sich entweder mit dem tausendsten beschissenen Underground-BM-Schrotttape groß tun oder die Onkelz zur einzig wahren Metalband erklären. Und so unterschiedlich unsere musikalischen Vorlieben auch sind, bei verdammt vielen Dingen sind wir uns dann doch einig. Commorragh standen bei der Live-Darbietung von Queensryches „Operation: Mindcrime“ wohl genau so viel Tränen in den Augen und Nackenhaare zu Berge wie mir. Samael zähle ich zu den wenigen, die die „Tineoidea“ von Samsas Traum verstehen und wenn ich mit Moriond zu Judas Priests „Painkiller“ abschädle, dann weiss ich, dass er diese Musik genau so vergöttert wie ich. Darauf kommt es an. Auf das Gefühl. Auf die Verbundenheit zur Musik. Persönliche Lieblingsalben wären vor allem die „Night of the Stormrider“ von Iced Earth und die „Her von welken Nächten“ von Dornenreich. Auch sehr wichtig für mich sind „The crimson Idol“ von W.A.S.P., die „Painkiller“ von Priest, die „Operation: Mindcrime“ von Queensryche, die „Hvis Lyset tar oss“ von Burzum, die „Dwelling“ von Sabbat, die beiden „Nektar“-Teile von Nocte Obducta und noch einige mehr...

Wenn ich eure Geschichte richtig interpretiere, schreibst Du das Songmaterial in Eigenregie. Was treibt dich dabei an? In welcher Umgebung kann sich deine Kreativität am besten entfalten?

Kargáist: Ich will ganz ehrlich sein: Ein großer Teil dessen, was mich antreibt, ist wohl der Drang, mir selbst und der Welt etwas zu beweisen. Es ist, als ob ich mein unendliches Ego auf irgendeine Art und Weise rechtfertigen müsste. Manchmal, wenn ich geniale Musik höre, werde ich wahnsinnig bei dem Drang, diese Genialität erreichen oder übertreffen zu müssen. Es ist dieses ständig vorhandene Gefühl, nur durch Kunst, nur durch Musik mit Gott verschmelzen zu können. Und damit dem zu huldigen, was mich immer angetrieben hat und den wohl wichtigsten Teil meines Lebens darstellt: Der Musik.
Dieser Drang, all diese Gefühle rauszulassen, ist schon vorhanden, seit ich Metal liebe. Noch bevor ich ein Instrument richtig herum halten konnte. Ich habe angefangen, ohne Ahnung von Noten oder Musiktheorie auf einen billigen Bass einzudreschen. Mittlerweile bin ich dabei angekommen, ohne Ahnung von Noten oder Musiktheorie auf eine verstimmte Akustikgitarre einzudreschen. Wie dabei regelmäßig gute Songs rauskommen, ist mir allerdings selber immer noch schleierhaft.

Ich gehe davon aus, dass sich der Name Stillers Tod auf Anatol Ludwig Stiller, den Bildhauer aus Max Frischs „Stiller“ bezieht. Bitte berichte über die Geschichte dieses Namens und deine Gedanken bei der Wahl.

Kargáist: Eins vorweg: „Stiller“ ist das mit Abstand am langweiligsten geschriebene Buch von Frisch. Nicht zu vergleichen mit den absolut genialen „Homo Faber“ oder „Bin oder: Die Reise nach Peking“. Diese für Frisch ungewöhnliche Langatmigkeit ändert aber nichts daran, dass seine Titelfigur ein Spiegelbild für alle verhassten und unterdrückten Seiten meiner Persönlichkeit ist. Ich strebe nach einem Ideal, in dem kein Platz für geistige Unzulänglichkeiten und persönliche Erbärmlichkeiten ist. Diese mich anwidernden Züge meines Ichs fasse ich mit einem Wort zusammen: Stiller. Jeder trägt diesen Stiller in sich. Wir alle haben „Gefühle, die wir von unserem intellektuellen Standpunkt aus nicht wahrhaben wollen“, wie es im Buch so schön heisst. Der Unterschied ist, wie wir damit umgehen. Manche Menschen sind einfach zu dumm und zu zufrieden, um zu bemerken, dass sie erbärmliche Scheisshaufen sind. Andere sind wie Frischs Romanfigur und lügen ihre eigenen Unzulänglichkeiten in etwas anderes um. Das beste Beispiel dafür ist Rene Wagner, den meisten als Kanwulf von Nargaroth bekannt. Ich steige garantiert nicht in die allgemeinen Nargaroth-Cyber-Mobbing-Tiraden ein, mit denen so viele um sich werfen. Weil ich glaube, verstanden zu haben, wie Rene tickt. Er ist die Realversion von Stiller. So wie Stiller nicht wahrhaben konnte, dass er kein Spanienkämpfer war, kann Rene Wagner nicht wahrhaben, dass er nicht einer der Mitbegründer der zweiten Black Metal-Welle ist; er kann es nicht wahrhaben, dass er kein Mörder ist. Stiller zieht daraus die Konsequenz, dass er die Rolle des White erfindet, die er fortan spielt. Rene hat die Rolle des Kanwulf erfunden, der seine Demos in den späten 80ern veröffentlicht hat und wegen Totschlags im Gefängnis saß. Stillers Lügenkonstrukt ist irgendwann in sich zusammengebrochen. Das von Rene ebenfalls.
Ups, hier lief was falsch! Ich weiss allerdings, wie ich mit diesem Stiller umgehen muss. Ich muss ihn töten, anstatt ihn umzulügen. Jede Katharsis hat ein Stück dieses inneren Stiller in mir abgetötet. Und es werden noch viele kleine Tode kommen. Was übrig bleibt, kann und wird nur die Perfektion und die Unsterblichkeit sein.

Zu guter letzt habe ich ein kleines, allseits beliebtes Brainstorming im Angebot. Deine ersten Gedanken zu:

– Wenn ich Papst wäre...
...würden mich deutlich mehr Menschen als Sprachrohr Gottes ansehen, als das momentan der Fall ist.

– Musik bedeutet für mich... ...Leben.

– Ich werde wieder geboren als... Fick die Wiedergeburt. Ich werde unsterblich.

– „Das Leben sollte mit dem Tod beginnen“ (Götz Widman) Lässt mich jetzt spontan an Salvador Dalís Autobiographie denken. Beginnt mit der Beschreibung seines Todes. Wer Stillers Tod verstehen will, sollte sich lieber dieses Buch durchlesen als den „Stiller“.

Das war’s auch schon. Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft! Die letzten Worte gehören dir!


Kargáist: Kauft unser Album, in zehn Jahren könnt ihr es auf ebay verscheuern und euch vom Gewinn die Flugtickets leisten, die ihr brauchen werdet, um uns auf unserer Welttournee hinterher zu reisen!


Interview: Torben Knöpfler
Photos: Stillers Tod








Copyright © by Metalearth.de Alle Rechte vorbehalten.

Publiziert am: 2010-05-11 (11970 mal gelesen)

[ Zurück ]

Access Denied