März 2010
Persefone ist ein Garant für schlechte Erinnerungen. An staubige Latein- bzw. Griechisch-Stunden, an biedere Lehrer und kreidestaub-geschwängerte Klassenzimmer-Luft. Dass es auch vollkommen anders geht, beweisen sechs Jungs mit dem gleichen Pseudonym aus dem sonnigen Andorra. Erst kürzlich untermauerte die progressive Melodic-Death-Metal-Fraktion mit ihrem dritten Album "Shin Ken" ihren Anspruch als Ausnahme-Combo - Mehr als Grund genug, um Keyboarder Miguel zum Kaffeeklatsch zu bitten.
Ihr habt Bock auf eine Reise nach Andorra, zu den Samurais und in die Welt von Persefone und wollt euch gleichzeitig durch schlechte Wortspiele verwöhnen lassen? Dann seit ihr hier richtig!
Hey Miguel!
Wie geht’s? Alles in Ordnung in Andorra?
Miguel: Hey! Danke, mir geht’s gut. Es ist ein ziemlich kalter Tag hier in Andorra. Verschneit aber weißt du: Andorra ist ein bergiges Land, so dass das nicht seltsam ist ;)
Auch wenn ihr euch einen Ruf erspielt habt, eine der interessantesten Melodic Death Metal Bands zu sein, gehe ich davon aus, dass nicht alle Leser wissen, wer oder was sich hinter Persefone verbirgt. Deine Chance, das zu ändern ;)
Miguel: Gerne! Persefone ist eine Band aus einem kleinen Staat genannt Andorra, gelegen zwischen Frankreich und Spanien (Ja, es gibt hier wirklich einen Staat, hehe). Wir spielen eine Art Progressive Death Metal und „Shin Ken“ ist unser drittes Album.
Wenn mein Wissen in der griechischen Mythologie mich nicht täuscht, ist Persefone die Göttin der Unterwelt und der Fruchtbarkeit. Warum habt ihr diesen Namen gewählt?
Miguel: Hmm, es ist eine schwere Zeit, einen Namen für eine Band zu finden. Wenn man anfängt nach einem Namen zu suchen, ist es wahrscheinlich, dass jede Idee bereits von jemand anderem genutzt wurde. Carlos hörte von Persephone, der Göttin der Unterwelt. Er informierte sich ein bisschen über ihre Geschichte und erzählte uns davon. Wir waren begeistert und haben uns entschieden das „ph“ durch ein „f“ zu ersetzen, da es bereits eine deutsche Band mit diesem Namen gab.
Ihr habt kürzlich euer drittes Album, „Shin Ken“ veröffentlicht. Ich bin sehr glücklich mit diesem Meisterwerk. Wie sieht's bei euch aus? Was gefällt euch am besten, was möchtet ihr auf dem nächsten Album verbessern?
Miguel: Ein Album für Persefone zu komponieren ist immer eine schwere Aufgabe. Es gibt eine Menge Arbeit zu erledigen und wir geben uns immer Mühe kleinen Nuancen besondere Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen und jedes Detail so auszuarbeiten, als wäre es die wichtigste Sache auf dem Album. So gefällt es uns zu arbeiten, auch wenn wir deswegen manchmal mehrere Wochen für einen Song brauchen. Wir arbeiten an Solos, Riffs, Orchestrationen, Chören...Es ist eine schwierige Aufgabe. Aber, um ehrlich zu sein, ich denke nicht, dass es irgendetwas gibt, was wir wirklich ändern möchten. Verbesserung betrifft immer den Musiker und nicht die Musik, die man in einer bestimmten Zeit seines Lebens gemacht hat. Du musst einfach ein bessere Musiker werden, um bessere Musik in der Zukunft zu machen. Wie auch immer, wenn ich etwas sagen muss, sind wir sehr glücklich mit dem Sound des Albums. Wir haben eine Menge seit „Core“ verbessert. Ich denke, dass auch Tommy Hansen daran nicht unbeteiligt war.
„Shin Ken“ bedeutet so viel, wie „das wahre Schwert“. Bitte erkläre diesen Titel und das Konzept hinter dem Album.
Miguel: Gerne! „Shin Ken“ bedeutet zwar „das wahre Schwert“, hat allerdings noch mehr Bedeutungen. Eine andere wäre zum Beispiel: „Dinge mit voller Konzentration angehen“. Uns gefiel diese Zweideutigkeit, weil sie perfekt das gesamte Wesen der Samurai beschreibt. Das waren zwei wichtige Aspekte in ihrem Leben, also haben wir diesen Titel gewählt.
Das eigentliche Songmaterial ist auf „Shin Ken“ durch Zwischenspiele verbunden, die sogenannte „Book“-Reihe. Diese erlauben dem Hörer die anspruchsvollen Songs zu verdauen und betont die asiatische Atmosphäre in einer brillanten Art und Weise. Es wäre toll, wenn du die Ideen hinter den fünf Büchern erklären könntest.
Miguel: Die Idee der Bücher kommt direkt aus dem Buch „Das Buch der fünf Ringe – Die klassische Anleitung für strategisches Handeln“ von Miyamoto Musashi. Es ist ein Handbuch der Kampfkünste, geschrieben von einem der besten Samurai's, die je existierten. Er beschreibt in diesem alle Details seiner Technik und wie er sie entwickelt hat. Da „Shin Ken“ sich auf die Samurais bezieht, hielten wir es für eine gute Konzeption diese Bücher in einer musikalischen Art zu vertonen. Dabei haben wir darauf geachtet, immer die Nähe zu dem repräsentierten Element zu suchen. So haben wir versucht die meditative und kriegerische Stimmung des Albums zu erzeugen.
Der asiatische Fokus auf „Shin Ken“ ist eine angenehme Abwechslung zu den typischen Schlachtfeldern, die im Metal bestellt werden. Worauf beruht eure Faszination für Asien und die asiatische Militärgeschichte?
Miguel: Einige von waren bereits von Japan fasziniert, bevor wir überhaupt über die Möglichkeit eines Konzeptalbums in dieser Richtung nachgedacht haben. Wir haben um die 2,5 Jahre an „Core“ gearbeitet, einem Album über die griechische Mythologie und wir hielten es für eine gute Idee uns auch an diesem Thema zu versuchen. Nachdem wir uns ein bisschen umgehört hatten, welche Aspekte besonders reizvoll wären, entwarfen wir einige Konzepte wie „Samurai“, „Geisha“ oder „alte Legenden“ und entschieden uns einzig für die Samurais. Es gibt eine Menge über sie zu berichten und wir wollten ihren Lebensstil tiefer gehend beschreiben. Die Samurais waren nicht nur Krieger, sondern weit mehr. Zum Beispiel bedeutet das Wort „Samurai“ „Diener“, ein wirklich interessanter Aspekt. Ehre, Intelligenz, Weisheit, Disziplin – Das waren die Tugenden der Samurais und wir haben uns alle Mühe gegeben diese zu erklären.
Wie auch bei „Truth inside the shades“ und „Core“, fällt „Shin Ken“ sofort durch sein außergewöhnliches und harmonisches Cover ins Auge. Wer hat's entworfen und wie hat sich die Zusammenarbeit entwickelt?
Miguel: Wir wollten für dieses Album unbedingt einen japanischen Künstler gewinnen. Das war uns vor allem wichtig, weil wir japanische Kanjis (japanische Schriftzeichen) verwenden wollten und einen Künstler brauchten, der sich direkt in die Geschichte hinein fühlen kann. Wir hatten das große Handycap keine Japaner zu sein, aber eine japanische Geschichte erzählen zu wollen und wollten das unbedingt durch das Artwork und das Booklet ausgleichen. Also haben wir bei Soundholic A&R Yushi Onishi angefragt und er wurde zu unserer helfenden Hand. Er stellte den Kontakt zu einem Typen namens Wi her und wir gaben ihm einige Schlagwörter für die ersten Assoziationen. Wenn wir mit einem Künstler zusammenarbeiten, ziehen wir es vor nicht zu viele Informationen zu erfragen, um ihm nicht die Hände zu binden. Das haben wir Wi erklärt und nur einige grobe Vorstellungen für die Gemälde übermittelt. Danach mussten wir uns nur gedulden, auf E-Mails warten und – Wir waren hellauf begeistert von den Gemälden, die er uns geschickt hat!
Während ihr in Europa immer eure Probleme hattet, eine Label zu finden, welches eure Kreationen veröffentlicht, arbeitet ihr in Japan seit eurem Debüt mit Soundholic zusammen. Ist das Musik-Geschäft besser in Asien?
Miguel:Wenn Du mich fragst, ist es nur eine glückliche Fügung, dass Persefone mehr Unterstützung in Japan bekommen, als in Europa oder den USA. Große Labels suchen generell immer nach einer bestimmten Richtung in einer bestimmten Zeit und wenn man nicht in diese Schublade passt, hat man Pech gehabt. Wir haben uns darüber lange Zeit geärgert aber das ist vorbei. Soundholic haben übrigens ihr Geschäft aufgegeben, als der Besitzer vor einigen Monaten gestorben ist. Das war eine sehr traurige Angelegenheit für uns aber ausgerechnet jetzt haben wir Unterstützung in Europa bekommen. Wir haben das Interesse von Kolony Records geweckt und wir werden sehr eng zusammenarbeiten, um Persefone so berühmt wie möglich zu machen. Wir sind sehr glücklich mit diesem Deal!
Eure erste große Tour durch Europa startet in einem Monat als Support für Obituary. Nervös?
Miguel: Und wie!! Es ist unsre erste Europa-Tournee und wir sind mehr als aufgeregt. Obituary ist eine große Band und dazu sehr erfahren. Wir hoffen eine Menge von ihnen lernen zu können. Wie auch immer, wir werden unser Bestes geben, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu bekommen. Wir denken, dass es unsre Musik verdient, gehört zu werden!
Das Tour-Paket basiert auf Kontrasten. Euer anspruchsvoller Progressive Melo-Death trifft auf die einfachen und brutalen Death Metal Strukturen der Marke Obituary. Denkt ihr, die Fans können diese Antithese verkraften?
Miguel: Das Metal-Publikum ist heute offener als je zuvor. Letzten Endes praktizieren wir beide Death Metal und unsere symphonischen und progressiven Elemente sollten in dieser Hinsicht kein Problem darstellen. Natürlich wird es auch Leute geben, die unsere Musik nicht leiden können aber damit können wir leben. Vor kurzer Zeit sind Opeth und Dream Theater zusammen auf Tour gegangen und die sind noch verschiedener als wir und Obituary. Abwarten, wie es klappt.
Lass uns einen kleinen Blick in die Zukunft werden. Wo siehst Du Persefone in zehn Jahren?
Miguel: Diese Frage möchte ich mit einem Blick in die Vergangenheit beantworten. Das machen wir zwar eigentlich nicht gerne – In diesem Kontext ist es allerdings nützlich. Vor zehn Jahren gab es Persefone noch gar nicht. Vor neun Jahren haben wir uns gegründet und seit dem drei Alben veröffentlicht, eine Menge Orte bespielt und die Fan Base ist von 0 zu einer Handvoll Leute gewachsen, die uns gefolgt sind, uns Mails geschrieben haben und uns motiviert haben, nie aufzugeben und weiterhin Musik zu machen. Ich hab zwar keine Ahnung, wo Persefone in zehn Jahren stehen aber wenn die Wachstumsrate so groß ist wie heute, werden wir sehr viel bekannter sein und ich liebe diese Idee. Wir sind gewillt so viele Menschen wie möglich anzusprechen und werden damit nicht aufhören.
Ihr kommt aus Andorra, einem kleinen Staat zwischen Spanien und Frankreich. Zeit für einen bisschen Rollenspiel: Du arbeitest in einem Reise-Büro und möchtest unsere Leser nach Andorra locken. Überzeuge sie.
Miguel: Hmm, knifflig! (Er lacht) Es ist zwar nicht schwer für Menschen hierher zu kommen aber für mich, mich in diese Rolle zu denken. (lacht wieder) Wenn ich euch überzeugen müsste: Hey Leute! Andorra ist ein sehr schöner Ort! Wir haben Berge, Ski-Pisten, viele Läden,wo man billig einkaufen kann und einen sehr schönen Platz namens Caldea, wo man entspannen kann und ein warmes Bad oder eine Massage bekommen kann, während man im Wasser sitzt und beobachtet, wie es schneit. Es ist auf jeden Fall ein Erlebnis bei 30° im Wasser zu sitzen und den Schnee auf das Gesicht fallen zu spüren. Außerdem haben wir eine tolle Metal-Band namens Persefone, haha :) Wir könnten uns bei einem Gig treffen!
Welche Art von Musik hört ihr persönlich in eurer Freizeit?
Miguel: Wir haben recht verschiedene Geschmäcker. Marc Martins mag Bands wie Pantera oder Decapitated, Carlos steht auf verschiedene Sachen aber vor allem Bands wie Extreme oder Soundtracks. Jordi ist ein echter Obituary-Fan (Ja, er geht auf Tournee mit seiner Lieblingsband, der Glückspilz), mag aber auch Atheist und so. Toni fährt mehr auf Motorhead oder Bands wie Jethro Tull ab, während Marc Mas Bands wie Gojira oder Manimal liebt. Ich bin eher der Soundtrack-Hörer. Ich liebe zwar Orchester, steh aber auch auf Metal
Zu guter letzt habe ich noch bisschen Brainstorming im Angebot.
Deine ersten Assoziationen zu:
Wenn ich der Papst wäre... Wäre ich sehr alt...
Ich werde wieder geboren als... Der Papst, hehe...
Musik bedeutet mir... Mein Job, meine Welt...
Der heißeste Shit auf der Welt... (mieser Wortwitz, schlecht zu übersetzen, deswegen im Original Anm. d. R.) Undoubtly “Tits”, you know “Truth Inside the Shades” hahaha
Das war's auch schon. Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen, vielen Dank für eure Musik. Die letzten Worte gehören dir.
Miguel: Ich danke dir für die Chance deine Fragen beantworten zu dürfen. Ihr seid alle eingeladen, uns im Internet zu besuchen und unsere Seiten auf www.persefone.com und www.myspace.com/persefoneband abzuchecken. Danke und bleibt dem Metal treu!
Interview: Torben Knöpfler
Photos: http://www.persefone.com
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