Oktober 2009
Cumulo Nimbus haben viel vor. Nicht nur, dass dieser Tage mit "Totensonntag" das inzwischen dritte Album veröffentlicht wurde, auch für das nächste Jahr haben wir die Ehre einige exklusive Konzerte präsentieren zu können. Genug Gründe also um sich Sänger Mathis, stellvertretend für seine bunte Truppe zur Brust zu nehmen.
Alles über die Idee hinter Renaissance-Metal, falschen Glauben und natürlich das aktuelle Album "Totensonntag" lest ihr in den folgenden Zeilen.
Moin,
wie geht’s? Schön, dass ihr euch die Zeit für ein kurzes Interview nehmt!
Die Musikszene wird immer größer und unübersichtlicher. Stellt euch für die Leute vor, die Cumulo Nimbus aller höchstens mal am Himmel gesehen haben!
Für alle Freunde der dunklen Wolken: Die Musik von Cumulo Nimbus ist eine avantgardistische Kombination aus Renaissancemusik und Heavy Metal. Dafür entscheidend ist die Instrumentierung mit Streichinstrumenten, Flöten, Mandoline oder Renaissance-Laute auf der einen Seite sowie die herkömmliche Besetzung einer Metal-Combo mit Schlageug, Bass und zwei E-Gitarren auf der anderen Seite. Dabei dienen die historischen Instrumente aber keineswegs ausschließlich der Melodieführung sondern werden auch experimentell als Rhythmus- und Begleitinstrumente eingesetzt, was einen speziellen kick-ass-effect erzielen kann. So hat man Möglichkeiten lautmalerisch optimal und abwechslungsreich an Kompositionen heranzugehen und die melancho-lyrischen Texte aussagekräftig zu unterstreichen.
Ihr habt erst kürzlich euer drittes Werk „Totensonntag“ veröffentlicht. Was gefällt euch rückblickend gut, was möchtet ihr auf Album Nr. Vier verbessern?
Ich muss gestehen, ich war noch nie so überzeugt von einem Album, wie von diesem, in musikalischer Hinsicht. Es bietet gute Texte und eingängige Melodien und ist über alle Maßen vielschichtig. Sicher, wenn Geld und Zeit im Überfluss vorhanden wäre, könnte man einige Stellen noch verbessern, aber durch dieses Glattbügeln würde der Sound wahrscheinlich eher seinen Charme verlieren. Ich wünsche mir für die Nr. 4 ähnlich geile Ideen und Inspirationen, denn „Totensonntag“ ist der wahre Renaissance-Metal!
Subway to Sally, In Extremo, Corvus Corax, Schelmish – Das Angebot an rockiger bis metallischer Spielmannskunst ist riesig. Warum sollte sich der bisher unbedarfte Fan ausgerechnet für euch und „Totensonntag“ entscheiden?
Neue Besen kehren gut und in diesem Sinne wollen wir mal den Staub aus dem schon etwas älteren Musikgenre blasen. Von der Presse bekamen wir bis dato sehr gute Kritiken und immer wieder die Betonung auf die Eigenständigkeit unseres Stils, den wir eben auch als „Renaissance-Metal“ aus der Taufe hoben. Bei uns sind verzwickte Arrangements genauso zu finden wie eingängige Melodien, Passagen zum Lauschen und Schwelgen genauso wie Verse zum mitgrölen und abbangen. Außerdem verbinden sich weibliche und männliche mehrstimmige Gesänge in unseren Werken, die bei den genannten Gruppen eher selten anzutreffen sind. Wer Lust auf was Neues hat, sollte hier auf keinen Fall enttäuscht werden! Je öfter man das Album hört, desto mehr wird es zu entdecken geben.
Der Ewigkeitssonntag oder auch Totensonntag, ist ein evangelischer Feiertag zur Ehrung der Verstorbenen. Wieso habt ihr ausgerechnet diesen Alben-Titel gewählt und wie verträgt sich der barocke Aspekt des Memento Mori mit einem Zechlied wie „Flüssig Gold“?
Wir besingen in diesem Album mehrere Begebenheiten rund um das Thema „Tod“. Der Tod ist hier aber in erster Linie als Reise zu verstehen, als Übergang in ein anderes Dasein und nicht das absolute Ende. Deshalb brauchte der Begriff „Tod“ noch eine feierliche Weiterführung; sozusagen vom Dunklen ins Licht. Da war der liturgische Begriff „Totensonntag“ genau passend. Das Lied
„Flüssig Gold“ ist ein „Ausreißer“ aus dem Kontext des Totensonntags, hat aber dennoch etwas mit der Lebensreise zu tun. Wir wollten ja auch bewusst kein Konzeptalbum produzieren, in dem der Tod hinter jedem Vers lauert. Wer uns kennt wird wissen, dass wir nicht die Kinder von Traurigkeit sind.
Auch auf eurem Cover findet der Tod seinen Platz. Wie darf man dieses interpretieren und wer hat's entworfen?
Die Idee mit der Totenkutsche entsprang den Gehirnwindungen Pat Houdts, unseres ehemaligen Drummers: Der Tod auf seiner Reise umgeben von Musikern; ein wenig in Anlehnung an das Bild des Totentanzes. Überarbeitet wurde das ganze von Silvia Frank, die für uns das Artwork dieser Cd gestaltete. Das Cover ist natürlich professionell ausgefallen, soll es doch einen adäquaten optischen Vorgeschmack auf die musikalischen Leckereien geben. Pats Entwurf im Original ist auf den neuen "Totensonntag"- Shirts verewigt.
Textlich und stilistisch orientiert ihr euch am Zeitalter der Renaissance, sowie dem Barock. Worin liegt eure Motivation, sich mit diesem Komplex zu beschäftigen? Sollte die Gegenwart nicht eigentlich genügend potentielle Vorlagen für Wort und Klang liefern?
Die Musik dieser Epochen ist unheimlich vielschichtig. Das Musikverständnis hat sich gerade in der Renaissance grundlegend gewandelt. Die typische Zweistimmigkeit in Terzen und Sexten, die heute Grundlegend ist für zweistimmige Gitarrennudeleien im heavy-metal wurde damals erstmals als Konsonanz empfunden, sozusagen die Grundlage oder Wurzel moderner Musik wenn man so will. Und diese Tatsache macht die Musik für mich so interessant. Textlich orientiere ich mich eher an der Lyrik der Romantik oder des Sturm und Drang. Meine Texte sind nur verdeckt gesellschaftskritisch. Da soll sich jeder frei fühlen seine Meinung hineinzuinterpretieren.
In „Knochenmann“ kritisiert ihr den Reliquienkult der römisch-katholischen Kirche, wenn ich den Text richtig interpretiert habe. Wie entstand die Idee sich ausgerechnet eines solches, schon seit vielen 100 Jahren gängigem Bestandteils katholischen Glaubens zuzuwenden?
Der Text bei „Knochenmann“ wendet sich gegen die Oberflächlichkeit und Scheinheiligkeit mancher vermeintlich gläubigen Mitmenschen. Basis eines fundierten Glaubens ist seine Hinterfragung. Wer Ave Marias und Vater unser nur gebetsmühlenartig herunterleiert, wird niemals sein Seelenheil finden. Ähnlich ist es da beim Reliquienkult. In Gold und Seide gehüllt werden dort Knochenfragmente zur Schau gestellt und als Heilige tituliert. Wer sagt uns woher die Knochen denn wirklich stammen? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, habe ich diesen Gedanken textlich weitergesponnen und wer weiß: Vielleicht liegt hinter so mancher Vitrinenscheibe der Reliquienschreine so manch sündiger, alter Knochen.
Auch in den anderen Nummern beackert ihr die verschiedensten Felder wie zum Beispiel Selbstmord, vordergründige SM-Liebschaften mit hintergründigen Eifersuchtsgedanken oder das Gefühl der Sehnsucht. Woher nehmt ihr die Inspiration für diese Texte?
Die Texte ranken sich oft um ein Schlagwort, um das ich dann einen Text herumwebe. Die Entstehung des Textes, im Besonderen aber vor allem das Metrum der Verse geht Hand in Hand mit der Geburt des Rhythmus eines jeden Songs. Angelehnt an die lyrischen Naturbeschreibungen der Romantik ziehe auch ich einen Großteil der Inspiration aus der Natur, da diese Schilderungen eine ganz eigene Kulisse und Stimmung verbreiten, vor der sich dann die Handlung abspielen kann. Deswegen bin ich auch oft draußen unterwegs, beim Sport, beim Lesen oder auch nur beim Grübeln.
„Zu viele Köche verderben den Brei!“ - So sagt man normalerweise. Bei euch scheint genau das Gegenteil der Fall zu sein. Wie entstehen eure Songs und wie bringt ihr eure wahrscheinlich verschiedensten Ideen unter einen Hut?
Der Rohbau wird meist nur von wenigen Bandmitgliedern gezimmert. Das Grundgerüst muss schon vorgegeben sein, da bei so großer Vielstimmigkeit Jammen keinen Sinn macht. So steht dann schon das Grundgerüst eines jeden Songs und eben auch die Hauptmelodie. Diese wird dann von Erik, Carolynn oder Lady Doro aufgegriffen und umarrangiert, so dass sich kontrapunktisch oder als Fauxbourdon weitere Melodien darüber oder darunter schichten lassen, die für die verschiedensten Instrumente oder Vocals geeignet sind. Auf dem neuen Album haben wir vor allem die Streichinstrumente in den Vordergrund gerückt, die an einigen Stellen den Zuhörer durchatmen lassen und ungeheuer viel Stimmung aufbauen.
Ihr habt dieses Jahr nicht nur auf kleineren Festivals wie dem „Celtic Rock“ die Finger flitzen lassen, sondern auch das größte Heavy Metal Festival der Welt, das W:O:A bespielt. Dass ihr Spaß hattet, kann ich mir vorstellen, aber berichtet von dem Gefühl das erste Mal die Bühne zu betreten und vor einem solchen Menschenmeer die eigenen Ergüsse darzubieten!
Das war natürlich grandios und für uns eine große Ehre! Wacken war (natürlich) absoluter Ausnahmezustand und so ein großes Meer aus Menschen vor sich zu haben ist natürlich beeindruckend. Für uns ist wichtig, dass der Funke auch überspringt, ob das nun vor kleinem Publikum oder vor 10000 Leuten ist! Das positive Feedback des Auditoriums war natürlich Balsam für die schwarze Musiker-Seele!
Ihr habt für nächstes Jahr schon erste Live-Aktivitäten geplant. Gebt den Fans einen ersten Vorgeschmack, was sie erwartet.
Anfang des nächsten Jahres werden wir im Januar und Anfang Februar quer durch Deutschland auf Totensonntagstour sein. Dort machen wir z.B. halt in Bielefeld, Berlin, Bad Salzungen, Köln oder Kiel um nur einige zu nennen. „Totensonntag“ ist natürlich Programm. Die Zuhörer erwarten die neuesten Werke sowie eine fulminante Bühnenshow, natürlich wieder mit Met aus der Bühnenpulle und dem geraubten Gold des Käptn’s, unseres Bassisten! Mehr erfahrt ihr auf unserer Homepage www.cumulo-nimbus.de . Festivals im Sommer sind gerade in Planung sowie ein Toursupport. Wir werden spielen, bis die Saiten glühen!
Wie sieht es bei euch privat aus? Welche CD's laufen dort momentan rund, welche Alben haben euch in letzter Zeit am stärksten beeindruckt oder enttäuscht, was möchtet ihr unsren Hörern ans Herz legen?
Bei sechs Leuten ist so etwas immer schwierig zu beantworten. Schwer beeindruckt war die Rhythmus-Gang von CN kürzlich von den Münchner Jazz-Metallern „Panzerballett“. Hauptsache das ganze ist abwechslungsreich und verschwindet so nicht nach zehnmaligem Hören wieder im Plattenregal, um dort verstaubt sein Dasein zu fristen. Cumulo Nimbus empfiehlt: Gary Moore aus den 80ern, Sting, King Diamond, Dream Theater, Prokofieff und Jimi Hendrix!
Zuletzt hab ich ein kleines Brainstorming für euch:
- Wenn ich Papst wäre, gäbe es keinen Glauben mehr!
- Musik bedeutet für mich: Musik ist der Spiegel der Seele
- Deine Mutter ist mir zu alt!
- Ich werde wiedergeboren als ewig junger Hugh Hefner
- „I can't get laid in Germany!“ (Rammstein-Pussy) Pech gehabt;-)
Das war's von meiner Seite. Vielen Dank für das Interview! Ich hoffe, ihr hattet genauso viel Spaß wie ich! Die letzten Worte gehören euch!
Danke für das Interview und viel Spaß beim Reinhören in unsere neue CD. Donnernden Gruß!
Mathis und der restliche Haufen von Cumulo Nimbus.
Interview: Torben Knöpfler
Photos: http://www.cumulo-nimbus.de
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