Deutschlands erste Adresse in Sachen Progressive Metal meldete sich dieses Jahr mit einem Paukenschlag namens "Christ 0" zurück. Im Interview beantwortete Vanden Plas-Bassist Torsten Reichert die Fragen unseres Redakteurs Dominic Türk.
Viel Spaß beim Lesen!
Euer letztes Lebenszeichen gab es mit „Beyond Daylight“ im Jahre 2002, weshalb man ruhig von einem kleinen Comeback sprechen kann. Wie fühlt es sich eigentlich an wieder da zu sein?
Wir sind schon ein bisschen stolz, endlich mal wieder was abgeliefert zu haben, und die Reaktionen sind zum Teil umwerfend.
Neben Vanden Plas seit ihr alle am Theater engagiert. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?
Andy hatte 1990 mit der Schauspielerei in Musicals begonnen, damals in der Rocky Horror Show. Als er dann in Saarbrücken für Jesus Christ Superstar engagiert wurde, hat er uns als Band im Schlepptau gehabt und wir wurden ebenfalls genommen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich damals dem Musikalischen Leiter zwei Stücke auf dem Klavier vorspielen musste, um zu testen, ob ich den pianistischen Anforderungen genüge. Hat geklappt...
In der Folge hatten wir dann immer Andy bei seinen Engagements begleitet und mit einem kurzen Break Mitte der 90er hat sich das bis heute hingezogen und ist immer intensiver geworden. So habe ich bereits zweimal die musikalische Leitung im Pfalztheater übernommen. Für Rocky Horror Show 2001 und für Abydos, das zur Zeit sehr erfolgreich im Pfalztheater uraufgeführt wird.
Sprechen wir mal über das neue Werk „Christ 0“.
Was steckt eigentlich hinter dem Titel? Wenn man die ersten Seiten des Booklets vor Augen hat wird es klar, aber könntest du es den Leuten erklären, die die CD noch nicht haben?
Zum Einen ist es ein Teil des Namens Monte”christo”, was zeigt, dass wir hier eine berühmte Geschichte als Vorlage für unsere Story genommen haben. Zum Anderen soll es ausdrücken, dass der Protagonist unserer Geschichte null Christus, keinen Glauben hat, dass er gottlos ist.
Kann man sagen, dass das Album einem gewissen Konzept unterliegt?
Es ist eine Adaption des Hauptthemas des Buches “Der Graf von Monte Christo” (zu unrecht erlittene Qual und die darauf folgende Rache) in eine moderne Zeit. Die Geschichte geht eher in Richtung “Schweigen der Lämmer” oder “Saw”, weil wir den Hauptcharakter als Serienkiller sehen. Verfolgt wird dieser von einem Fahnder von Interpol (Inspektor X), der sich am Ende selbst findet.
Für das Outfit der CD könnte man eigentlich schon einen Preis verleihen, wenn man die Musik bei Seite lässt. Wessen Idee war die Figur auf dem Cover und wer hat diese Idee dann umgesetzt?
Die Idee kam von Andy. Anfangs von den anderen argwöhnisch mit dem Einwand, keinen Revolverhelden auf dem Cover haben zu wollen, fand Andy dann von mir Unterstützung, weil ich die Idee von Anfang an gut fand. An der Umsetzung war auch Andy hauptsächlich beteiligt. Zusammen mit unserem Artwork-Spezialist Thomas Ewerhart hat er einen Schauspieler und eine Maskenbildnerin engagiert. Es ist eine reale Person auf dem Cover.
In wie weit hat das Theaterspiel das Schreiben und Aufnehmen von „Christ 0“ beeinflusst?
Die Musik, die im Theater gespielt wird, hat meist sehr wenig mit dem zu tun, was Vanden Plas macht. Aber durch die Erfahrung, mit einem Orchester zu spielen, die Einbindung eines Chores zu erleben, wird man in gewisser Weise schon beeinflusst. Vielleicht nicht direkt beim Schreiben des Songs, aber auf jeden Fall später beim Arrangieren.
Die Aufnahme war natürlich stark von der Theaterarbeit beeinflusst, da wir den Chor des Pfalztheaters für unser Album engagieren konnten. Hier nochmal danke an alle, die mitgesungen haben und besonders an Chordirektor Ulrich Nolte.
Die orchestralen und epochalen Passagen sind auf dem Album deutlich mehr geworden. Womit hängt das zusammen? Ist dies auch auf das Theaterspiel zurückzuführen, da dort auch mit Orchester gearbeitet wird?
Ja, zum Teil. Als Musiker im Orchestergraben lernt man, wie verschiedene Instrumentengruppen klingen, wie sie bevorzugt eingesetzt werden und was sie im Song bewirken können.
Andererseits ist ja in der Rockmusik schon seit längerem der Einsatz von orchestralen Klängen keine Neuheit mehr (Kamelot, Dimmu Borgir, die letzte Dream Theater). Wir haben auch immer schon versucht, Naturinstrumente einzubinden, zum Beispiel auf The God Thing im ersten Song. Das war damals aber nur ein Cellist und ein Violinist. Die synthetischenm Orchesterklänge waren damals nicht realistisch genug. Seit kurzem gibt es aber neue Sample-Technologien und wir haben uns die Sounds der Prager Philharmoniker zugelegt. Damit ist es möglich, die Orchesterpassagen auch im großen Stil realistisch klingen zu lassen.
Mit „Gethsemane“ als Bonustrack gibt es einen Song aus dem Musical „Jesus Christ Superstar“. Welche Bedeutung hat er für euch bzw. warum habt ihr geraden diesen Song neu arrangiert?
Das erste Engagement am Theater war für uns Jesus Christ Superstar. Wenn wir das 1992 nicht bekommen hätten, bezweifle ich, ob wir jemals das Geld aufgebracht hätten, eine komplette CD aufzunehmen. Von daher besteht eine gewisse Verbindung zu diesem Stück. Der Hauptsong von Jesus, dar Gott fragt, warum er als Märtyrer sterben muss, passt in gewisser Hinsicht auch zum Thema des Albums, weil unser Chrit.o am Ende Selbstmord und somit seine größte Sünde begeht. Außerdem spielt Andy in Jesus Christ Superstar, das an Ostern in Kaiserslautern wieder aufgenommen wird, die Rolle des Judas. Er wollte auch einmal die Arie des Jesus singen ;o)
Mit welchen Worten würdest du jemandem das Album nahebringen, der es noch nicht gehört hat und sich nicht so recht entscheiden kann, ob er es nun kaufen soll oder nicht?
Kauf oder Du kriegst gescheuert...
Spaß bei Seite, für die Werbung sind andere zuständig. Ich kann als Musiker nur sagen, dass es bis jetzt unser reifstes Album ist, bei dem wir neben einigen überraschenden Wendungen während der Aufnahmen immer gewusst haben, was wir wollten.
Wie sieht es eigentlich mit einer Tour aus? Ich weiß, aufgrund eurer Theaterangagements wird dies schwer zu realisieren sein.
Richtig, vor allem Andy ist in diesem Jahr sehr oft engagiert mit vier Rollen in Kaiserslautern, Dortmund und Augsburg. Wir werden einige Einzelkonzerte spielen und auf dem Schwedenrock.
Im September haben wir vier Konzerte am Stück in Holland, vielleicht können wir das als Basis nehmen, um eine größere Tour daraus zu machen.
Nun eine Frage, an der bislang noch keiner vorbergekommen ist: Wie ist deine Meinung zum Thema Filesharing, Webzines und Internet allgemein?
Natürlich ist es schlecht für uns und unsere Plattenfirma, wenn drei Wochen vor dem Erscheinen der neuen CD das Album im Internet von irgendeinem Arsch als illegalen Download eingestellt wird, wie mit Christ.0 geschehen. Das ist einfach nicht in Ordnung. Aber ich glaube, dass man dagegen einfach nichts machen kann, schwarze Schafe gibt es überall. Und so ist es auch mit dem Internet. Abgesehen von schwarzen Schafen bildet es die große Möglichkeit, einen eigenen Musikgeschmack weit ab von MTV, VIVA, Media Markt usw. Zu entwickeln. Webzines können dabei unterstützen und haben durch die viel größere Interaktivität gegenüber den Printmedien die Möglichkeit, direkte Resonanzen zu geben oder zu bekommen.
Dann bedanke ich mich, dass du dir die Zeit genommen hast die Fragen zu beantworten und überlasse dir die letzten Worte!
Hallo liebe Leser von Metalearth, hört Euch unser neues Album an und habt Spaß dabei!
Interview: Dominic Türk
Fotos / Bilder: InsideOut
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