Im März 2003 meldeten sich Subway to Sally mit dem später noch sehr umstrittenen Album "Engelskieger" zurück. Der Stil der Musik und der Texte hat sich im Gegensatz zu zuvor stark verändert. Der Sound ist härter und geht mehr in die Metalrichtung. Die Texte sprechen aktuellere Themen an und sind direkter geworden. Insgesamt wird der Stil teilweise als "rammsteinmäßig" bezeichnet, was wohl auch daran liegen kann, das die Scheibe von Motor Records produziert wurde.
Mit diesem Album haben Subway to Sally den Vorwurf sich nicht mit aktuellen Themen zu befassen wohl endgültig ausgeräumt. Die Band hat im Vorfeld zu den sozialkritischen Themen recherchiert und zur Unterstützung der Liedtexte gibt es ein zweites Booklet mit Teilen ihrer Quellen bei der CD.
Das Album startet sofort mit einem härteren Song. Bei "Geist des Kriegers" wird, wie auch bei fast allen anderen Songs, auf harte Gitarrenriffs und dominanten Bass gesetzt wird. Die Drums sind gleichmäßig und treibend, aber überwiegen nicht. Natürlich findet auch Frau Schmitts Geige regelmäßig ihren Einsatz. Das Stück ist sehr energiereich, was sich vor allem im Text widerspiegelt. Die zugehörige Quelle handelt von einem Arbeitslosen, der aus Wut gegen das System und Verzweiflung auf den Arbeitsamtdirektor seiner Stadt, mit einem, als Talisman getragenem Werkzeug, einsticht.
Recht ähnlich, aber etwas schleppender, klingt der Song, "Falscher Heiland", dieser wurde auch die erste Singleauskopplung. Im Zweitbooklet findet man das Bild der Single, auf dem unter anderem George W. Bush und Saddam Hussein zu sehen sind. Der Text richtet sich somit an alle Herrscher und Menschen, die Macht an sich reißen. Vordergründig und vor allem durch die verwendeten Symbole, scheint er sich allerdings nur auf Jesus bzw. Gott zu beziehen.
Dieser Gruppe, was den Sound anbelangt, schließt sich "Unsterblich" an, was von einem HIV positiven Menschen handelt, der andere Leute mutwillig ansteckt.
Vom Thema her ähnliche Songs sind "Kleine Schwester" und "Abendlied" (welches Bodenski komplett alleine geschrieben hat). "Kleine Schwester" ist textlich eine Ansprache einer solchen, die vermutlich misshandelt bzw. missbraucht wurde. Das Lied ist zwar ebenfalls sehr gitarrenlastig, aber insgesamt, vor allem im Refrain etwas melodiöser. Das "Abendlied", welches absichtlich nie live gespielt wurde, tanzt hier doch etwas eher aus der Reihe. Es ist ein überwiegend akustisches Stück, das fast nur aus Gesang und einer Spieluhr besteht. Es klingt somit wie ein Kinderlied, das in erschreckend direkter Weise die Erfahrungen eines von einem Familienmitglied missbrauchten Kindes widerspiegelt.
"Narben" starten direkt mit Gesang und erst dann folgen die typischen Drums und Riffs. Während des Gesangs tritt die Musik etwas zurück. Hier wird ebenfalls in sehr direkter Weise geschildert, wie sich jemand fühlt der sich "ritzt", also versucht seinen seelischen Schmerz durch Selbstverletzung zu kompensieren. Der dazugehörige Text einen Betroffenen liest sich noch erschreckender und den meisten läuft wohl dabei ein eiskalter Schauer über den Rücken. Der Refrain, der den Moment der Befreiung widerspiegelt, ist eher melodiös gehalten.
Das Thema Sterbehilfe wird im Song "2000 Meilen unter dem Meer" behandelt. Die Todessehnsucht der kranken, meist künstlich am Leben gehaltenen, Menschen wird symbolisch mit Elementen aus dem Meer ausgedrückt. Hier spielt die Geige eine tragende Rolle und der Sound ist wieder beim Gesang langsamer und weniger aggressiv. Besondere Akzente werden vordergründig durch ein kaum wahrgenommenes Atmen, unter andrem auch einer Beatmungsmaschine, gesetzt.
Das "Knochenschiff" symbolisiert den immer mehr verbreiteten Körperkult, mit der Frage, wohin dies führen soll. Erics Stimme klingt in gewisser Weise vorwurfsvoll. Der Song ist ebenfalls energiegeladen und klingt im Refrain in ironischer Weise fröhlich.
Mit "Wolfstraum" und "Verloren", welches ein Liebeslied ist, finden sich etwas ruhigere Stücke auf dem Album, wobei "Verloren" teilweise auf akustischer Gitarre und Percussion aufbaut, aber auch wieder in härtere Parts übergeht. Meiner Meinung nach kommt dieses Stück aber bei weitem nicht an "Herrin des Feuers" vom Vorgängeralbum "Herzblut" heran, welches vor allem live eine überwältigende Magie ausstrahlt.
Etwas ruhiger ist auch das Lied "Abendland", welches sich textlich mit dem Christentum und dessen Zerfall in der Gesellschaft beschäftigt. Im Stil des Vater Unsers wird dieser direkt angesprochen und direkte Vorwürfe geäußert, die sich aber auch an die Kirche, was sich durch die Verwendung der Worte "Weihrauch" und "Prophet" ausdrückt, gerichtet sind.
Was das Songwriting in Musik und Text angeht, so arbeiteten Ingo und Bodenski näher zusammen. Die einzelnen Mitglieder arbeiteten in der Produktion eher getrennt und intensiver. So bekam Eric einen eigenen "Vocalcoach". Näheres zur Arbeit findet man auf der Live DVD zur Engelskriegertour. Das Album hat erstmals ein eigenes Symbol, welches durch einen Hammer, ein (sich drehendes) Zahnrad, eine Art Sonne und ein abgewandeltes "E" gebildet wird. Über die genaue Bedeutung möchte ich nichts sagen, da ich verschiedene Versionen gehört bzw. gelesen habe und mir nicht sicher bin.
Insgesamt entspricht das Album zwar weniger dem zuvor mittelalterlichen Stil der Band, doch selbst bei einem Konzert fügt es sich gut ins Gesamtbild und ich konnte mich sehr gut mit den neuen Elementen anfreunden. Es ist also in jedem Falle sein Geld wert!
Tracklist:
01. Geist des Kriegers
02. Falscher Heiland
03. Unsterblich
04. Kleine Schwester
05. Abendlied
06. Narben
07. 2000 Meilen unter dem Meer
08. Knochenschiff
09. Wolfstraum
10. Verloren
11. Abendland