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Der blaue Reiter - Nuclear Sun [Ambient / Apocalyptic / 2009]

AlbumcoverMassenmörder, Kriege, Seuchen – Gerne beschäftigen sich moderne Künstler mit Katastrophen und den Abgründen des menschlichen Seins. Selten treffen sie dabei einen angemessenen Umgang mit den schmerzvollen Erinnerungen, die tief verwurzelt über viele Jahre plagen. Mit einer entsprechenden Skepsis habe ich mich folglich an das dritte Album der spanischen Ambient – Kooperation „Der blaue Reiter“ begeben. Einem Werk, das sich thematisch mit der wohl größten Katastrophe der Menschheit, dem Reaktorunglück von Tschernobyl auseinandersetzt. Wer sie einmal gesehen hat, die Bilder des verwaisten Prypjat, des Riesenrades, der Häuserruinen, der trostlosen Landschaft, der kann nur ansatzweise die Ausmaße dieses Unglücks erahnen. Insofern konnten die beiden Kreativgeister hinter dem Projekt eigentlich nur verlieren. Dass sie dies nicht tun, ist an und für sich bemerkenswert genug – viel beeindruckender ist die Tatsache, dass sie mit „Nuclear sun“ ein absolutes Meisterwerk beklemmender Kunst kreiert haben, welches die Grauen dieser Katastrophe greifbar ins eigene Wohnzimmer transferiert.

Der blaue Reiter – Alleine dieser Bandname zeugt von dem Anspruch Kunst zu erschaffen. Einst von Wassily Kandinsky ins Leben gerufen, strebte diese Verbindung verschiedener Künstler die Befreiung künstlerischen Schaffens von der erstarrten Tradition akademischer Malerei an, wollte die Grenzen des Kunstverständnisses sprengen. Anno 2009 treten Sathorys Elenorth und Lady Nott mit der Wahl dieses bedeutungsschweren Namens folglich ein zentnerschweres Erbe an, meistern dieses jedoch mit sehr viel Fingerspitzengefühl und Liebe zum Detail. So ist es vor allen Dingen das schlichte Wesen, was „Nuclear Sun“ Authentizität verleiht. In einer faszinierenden Mischung aus Klassik, Ambient und Neofolk beschönigt der blaue Reiter nicht, er dramatisiert nicht, er beobachtet und zeichnet die Katastrophe mit all ihren Facetten in feinen Strichen. Widmet sich das erste Kapitel dem eigentlichen Unglück, streift der Hörer im zweiten durch die gespenstische Stille von Prypjat und erlebt im dritten die verzweifelten Versuche zu retten, was zu retten möglich ist. Dabei spielen die beiden Komponisten mit feinen Klavierklängen, alltäglichen Geräuschkulissen, den bedrohlichen Lauten des Reaktors und russischer Volksmusik, die vor dem Hintergrund des Minimalismus beklemmender nicht arrangiert sein könnten. Teilnahmslos gesprochene Duette, bedrohliche Percussion oder chorale Einsprengsel verstärken diesen Eindruck und lassen den Hörer glauben, ein Stück von dem unbeschreiblichen Leid dieser Katastrophe erfassen zu können. Dabei kann das Zimmer noch so mollig warm beheizt sein, ein innere Eiseskälte ergreift die Seele und zwingt die Bilder von verstaubten Puppen oder den stillen Straßen immer wieder vor das innere Auge, während die festlichen und euphorischen Töne zur Eröffnung der Kirmes in Prypjat gleichsam Hohn die Luft erfüllen. Fast schon paradox sanft und friedlich legen sich sanfte Klavierklänge wie frisch fallender Schnee auf die Grauen des Unglücks, verbergen den Friedhof an kontaminierten Hilfsfahrzeugen, leiten grazil zum hymnischen Ende von „In memoriam“ über und lassen den Hörer wie aus einem Traum erwachen. Und siehe da: Eine weitere Stunde ist vergangen und es wird sicherlich nicht die letzte sein, die mich dieses Meisterwerk in seinen Bann gezogen hat.

Es gibt einen Satz, den ich noch nie über eine Kritik geschwungen habe, den zu benutzen mir bei ausnahmslos jeder CD meiner Sammlung zu gewagt und unangebracht erschien und den ich heute zum ersten Mal verwende. „Nuclear Sun“ ist kein gewöhnliches und auch kein außergewöhnliches Stück Musik, es ist ein Stück Kunst. Eine akustische Geschichtsstunde, ein ergreifendes Plädoyer für einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Leben, unseren Fähigkeiten und der uns anvertrauten Erde. Fragil arrangiert entführt es den Hörer auf eine beklemmende Zeitreise und weiß tief zu bewegen. Unbeschreiblich!


Tracklist:
Prolog:
01. Main Titles "The Children of Chernobyl"

Das Unglück
02. Fourth Reactor
03. Radioactive

Die Geisterstadt
04. The Last Days of Prypjat
05. 1st of May
06. The Fall of Light

Die Helden der Menschlichkeit
07. Walking to the Abyss
08. Nuclear Sun
09. The Liquidators
10. End Credits "In Memoriam"

  


Hinzugefügt am: 23. Oktober 2009
Autor: Torben Knöpfler
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Hits: 3077
Sprache: german
Punkte:   (10/10)
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