Ektomorf – von vielen belächelt und trotzdem eine dicke und vor allem treue Fanbase. Wo ich stehe? Ganz klar auf zweiter Seite. Klar, die Neuentdeckung des Rades stellen diese vier Jungs sicherlich nicht dar. Trotzdem strahlte bisher jede Platte eine unbändige Energie und Spielfreude aus, die Ektomorf zu gern gesehenen Gästen in meiner Anlage machten. „Destroy“, „Instinct“, „I scream up to the sky“, „Outcast“ – alles arschgeile Scheiben, mit den beiden ganz alten bin ich dagegen nie so ganz warm geworden. Dieser Tage steht eine neue Scheibe am Start und ich bin spitz wie Nachbars Lumpi auf eine neue ungarische Ladung Neo-Thrash.
Mit dieser hohen Erwartungshaltung war „What doesn't kill me...“ eine kleine Enttäuschung für mich. Das liegt jetzt nicht an bahnbrechenden Veränderung, die Ektomorf ihr Puncto Sound durchgemacht haben – nein, auch auf dem neusten Output bleibt alles beim alten. Sogar das „putzige“ Englisch, in welchem Fronter Zoltan seine Texte ins Mikro röhrt, ist gleich geblieben. Trotzdem kann „What doesn't kill me...“ das agressive Feeling der Vorgänger nur zum Teil fortführen. Die Riffarbeit ist gleich brachial und tief geblieben, die Drums stampfen mächtig und auch Zoltan brüllt, was die Stimmbänder hergeben. Doch im Gegensatz zu den Vorgängern wirkt die Außenseiter-Attitüde aufgesetzt, als müssten Ektomorf konstant in ihr Schema passen, als hätten die Jungs einen Ruf zu erfüllen. Wenn Sänger Zoltan Passagen wie „I can see you, i can feel you!You just wanna fuck up my life!“ ins Mic brüllt und ich diese nicht mehr lauthals mitgröhlen will, dann ist das nicht im zunehmenden Alter des Schreiberlings begründet. Den Jungs fehlt einfach die unbändige Energie, der spürbare Druck hinter der Musik. Das soll jetzt nicht heißen, dass Ektomorf ein wild kläffender Schoßhund geworden sind – einige Songs könnten durchaus Aufnahmen aus alten Tagen sein (siehe „Revenge to all“, „Scream“, „It's up to you“), aber der Grundtenor lässt die alte Aggression vermissen. Das ist allerdings auch der einzige Unterschied zu früher. Ansonsten bleiben die Songs in alter, simpler „Cavalera“-Machart mit einigen ungarischen Folklore-Einsprengseln, laufen jedoch Gefahr zu stark zu Schema F abzudriften. Die Riffs fallen alle sehr ähnlich aus, eine wirkliche Auflockerung sucht man vergebens. Hier kommt auch der Punkt “fehlende Energie” zum Tragen. Wenn ein Song dermaßen simple wie “Nothing left” aufgebaut ist und sich auch die Texte auf wenige Sätze begrenzen, fällt es schwer bei der folgenden Nummer mit ähnlichen Riffs und einer ähnlichen Struktur für große Begeisterungstürme zu sorgen. Das können die Ungarn besser und haben es in der Vergangenheit auch schon besser gemacht. Stattdessen gibt es einen Ausflug in Crossover-Gefilde auf „Sick of it all“, den ich getrost als gescheitert bezeichnen müsste. Der Sprechgesang existiert als Fremdkörper neben den brachialen Vocals Zoltans und auch die Keys fügen sich nicht homogen ins Gesamtbild ein. Das sind jetzt zwar eine Menge Kritikpunkte, allerdings alle auf höchstem Niveau. In Puncto Groove, "Jump da fuck up"-Parts und Brachialität haben die Jungs nämlich nichts verlernt.
To sum it up: „What doesn't kill me...“ ist eine typische Ektomorf-Scheibe, die alle Trademarks der Ungarn verbindet, ohne in gleichem Maße wie die Oldies zünden zu können. Was fehlt ist die unbändigende Energie und zwar nicht auf produktionstechnischer Ebene und vor allem ein paar Feinheiten im Songwriting. Alte Fans sollten dennoch ein Ohr riskieren, da die CD zwar kein Meilenstein aber ein mehr als solides Werk der bisherigen Karriere darstellt - für Neueinsteiger empfehle ich eher den Griff zu „Instinct“ oder „Destroy“.
Anspieltipps: Revenge to all, Scream, It's up to you
Tracklist:
01. Rat War
02. Nothing Left
03. What Doesn´t Kill Me
04. Revenge To All
05. Love And Live
06. I Can See You
07. I Got It All
08. New Life
09. Sick Of It All
10. It´s Up To You
11. Envy
12. Scream
13. Breed The Fire